Sabine Kunath
Bildbetrachtung: "...das laute Rot..."
Sie kennen sicher alle die Erzählung vom kleinen Prinzen von Antoine de Saint-Exupéry. Eine Begegnung darin hat mich immer besonders berührt. Es ist der Augenblick, in dem ihm der Fuchs erscheint. Sie begrüßen sich höflich und gleich darauf fragt der Prinz: „Wer bist Du?“ Er möchte mit dem Fuchs spielen, da er so traurig ist. Und da antwortet der Fuchs: „Ich kann nicht mit dir spielen, ich bin noch nicht gezähmt.“ Der kleine Prinz ist also voller innerer Unruhe und der Fuchs lässt ihn warten. Doch endlich erklärt ihm der Fuchs, was er mit dem Zähmen meint: „Das ist eine in Vergessenheit geratene Sache. Es bedeutet: sich vertraut machen.“
Dieses Sich-vertraut-machen ist für mich etwas sehr Wichtiges. Es spricht das Entscheidende an, wenn man abstrakte Kunst betrachten möchte. Wir leben und denken heute sehr schnell. Wir wollen schnell etwas uns Vertrautes erkennen und es begrifflich benennen. Dann fühlen wir uns sicher und gut, denn mit Hilfe des Begriffes glauben wir es beurteilen zu können.
Der Fuchs von Saint-Exupéry lässt einen schnellen Umgang mit sich aber nicht zu. So geht es vielen Menschen in der Begegnung mit der abstrakten Kunst.
Ich habe deshalb einmal das Zusammentreffen von Fuchs und Prinz neu geschrieben. Dabei habe ich versucht, möglichst viele originale Textstellen zu übernehmen, wobei das Wort Fuchs durch Bild ersetzt ist.
Artikel in der Nordwest-Zeitung 2017/55 zur Ausstellung von Sabine Kunath in der Oldenburger NWZ-Galerie